Aus der Perspektive eines Imkers
Die letzte Honigernte
Nun ist es soweit: Die letzte Honigernte des Jahres 2020 findet Ende August statt. Bei so einem Ereignis stehen Honigfans Schlange und nicht nur sie, auch ich möchte von der leckeren Sommertracht etwas abhaben. Doch Vorsicht ist geboten! Denn die Bienen sind nicht erfreut über entnommene Waben (auch Räuberei genannt) und sind zum Anflug bereit, um ihren wertvollen Wintervorrat zu verteidigen. Darum gehe ich bereits kurz nach Sonnenaufgang zu den Völkern und wende einen kleinen Trick an, um die gut gefüllten Honigwaben besser entnehmen zu können: die sogenannte Bienenflucht.
Dabei handelt es sich um die Lagerung der Waben zwischen Brut- und Honigraum. Der Effekt: fast alle Bienen verlassen den Honigraum über Nacht und es ist möglich, die Waben früh am Morgen ohne Räuberei mitzunehmen. Im Anschluss daran wird der Honig geschleudert, alte Waben werden aussortiert und erneut eingeschmolzen. Der Rest der Waben wird bis ins nächste Jahr im Keller eingelagert.
Mit Zuckerwasser im Gepäck besuche ich meine emsigen Freunde noch am selben Abend erneut. Ich habe Proviant dabei. Man kann es sich kaum vorstellen, doch zur Überwinterung benötigt ein Bienenvolk 12-15 kg Zucker! Natürlich wird auch bei den Bienen nur in Maßen genossen und nicht alles auf einmal genascht. Aus diesem Grund besuche ich die kleinen Summer mehrmals und mache mich mit Zuckerwasser beliebt. Jedoch gibt es einen weiteren Grund für meine häufigen Besuche, einen der wesentlich ernster ist: Die Kontrolle und Bekämpfung der Varroamilben.
Die Varoamilbe
Die 1,2 mm lange Varroamilbe ist einer der größten Schädlinge für Bienen. Ihr Lebensraum ist innerhalb der Bienenvölker, in welchem sie sich gleichzeitig vermehrt und nistet. Mit anderen Worten: Sie saugt die Bienenbrut schlichtweg aus.

Die Folgen? Die Nachwuchs-Bienen bleiben kleiner als gesunde Bienen und auch das Fliegen fällt ihnen schwer. Als wäre das nicht schon schlimm genug, sorgt die Varroa-Milbe ferner dafür, dass andere Erreger es leichter haben sich auszubreiten. So wird das gesamte Volk geschwächt und anfälliger für Krankheiten. Wird dies nicht behandelt, können ganze Völker vernichtet werden.
Die Bekämpfung der Milben
Um folglich das Schlimmste zu vermeiden, steht am Ende eines jeden Bienenjahres auch die Bekämpfung der Varroamilbe an. Dafür verdunste ich, mehrmals im Abstand von einigen Wochen, Ameisensäure über eine Art Bierdeckel. Ich verwende je Volk rund 100ml 65%ige Ameisensäure, gebe diese in ein selbstgebautes Plastikrohr mit Verdunster und hänge dieses in das jeweilige Volk. Nun brauche ich die Unterstützung vom Wetter, denn idealerweise sollte die Temperatur zwischen 18 °C und unter 25 °C liegen. Ist dies für einige Tage nicht der Fall, unterbreche ich die Behandlung. Spielt mir das Wetter jedoch in die Karten, kontrolliere ich nach 5 Tagen den sogenannten Varroabefall. Unter den Waben habe ich eine Art Millimeterpapier befestigt, welches mir zeigt, wie viele Milben der Behandlung zum Opfer gefallen sind.

War die Behandlung erfolgreich, so war es für mich das letzte Mal in diesem Jahr, dass ich aktiv an den Völkern arbeite und es heißt für mich Abschied nehmen bis zum Frühjahr. Die Bienen kommen nun zur Ruhe und treffen die letzten Vorkehrungen für den Winter.
Nach dem Winter, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Luft wärmen, werde ich kontrollieren, ob die Völker noch ausreichend Futter haben. Trotz guter Pflege und Fürsorge, schaffen es jährlich rund 10-15% der Völker nicht über die kalten Wintermonate.
Doch auch wenn es bald ruhig wird im Bienenstock, so kann sich ein Imker nicht auf die faule Haut legen.
Denn wie heißt es doch so schön: ,,Nach dem Bienenjahr, ist vor dem Bienenjahr‘‘.
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Sebastian Hellmund
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