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Lichtverschmutzung – Die oft-ignorierte Umweltsünde

Künstliches Licht schadet unserer Gesund­heit und gefährdet Pflanzen und Tiere. Doch wieso genau? Wir erklären Ihnen, was Licht­ver­schmutz­ung genau ist, wieso sie ein immer größer werden­des Problem darstellt und was Sie da­gegen tun können.

Licht­ver­schmutz­ung in Kürze

Stadt bei Nacht - es sind keine Sterne zu sehen

Seit der Erfin­dung der elek­trischen Glüh­birne breitete sich das künst­liche Licht immer weiter aus. Wir sind nicht mehr an den Tag gebun­den, um „im Hellen“ alles sehen zu können. Dies ist für den Einzel­nen schön, aber im Gesamten schlecht: Es gibt immer mehr Gegen­den, in denen man keine kom­plette Dunkel­heit mehr hat. Ist dies ein Dauer­zustand, spricht man von Licht­ver­schmutzung.

Die konstanten Licht­­immis­sionen – also unsere ständige Verwen­dung von künst­lichem Licht, sowohl in Häusern als auch z.B. in Form von Straßen­laternen – erhellen den Nacht­­himmel. Vor allem Abstrah­lung nach oben streut das Licht in die Luft­­schichten unserer Atmos­phäre und lässt zum Teil riesige Licht­­glocken entstehen. Dadurch sehen wir in diesen Ge­bieten gar keine oder nur noch sehr wenige Sterne.

Ist Licht Luxus?

Licht hat viele Funk­tionen: Straßen­laternen dienen der Orien­tierung, aber vieles ist auch weniger not­wendig: Beleuch­tete Werbe­flächen, Freizeit­­angebote wie Fuß­ball­­spiele und Open-Air-Konzerte abends oder in der Nacht, die Insze­nie­rung von Flächen und Gebäuden. Kritiker bezeich­nen den häufigen Einsatz von Licht als Ver­schwendung – ein „Beleuchtungs­­wahnsinn“, der unsere Nächte immer heller werden lässt. Welt­­weit wächst die Licht­­ver­schmutz­ung jedes Jahr um 2–3%, in Europa sind es sogar 5–6%. Völlige Dunkel­heit kennen viele Menschen, insbeson­dere in Industrie­staaten, kaum noch.

Sehr helles Fußballstadion

Der Direkt­ver­gleich zeigt das Ausmaß

Tipp: Wenn man doch ein­mal einen ‚sauberen‘ Ster­nen­him­mel erleben will, hilft einen die Licht­ver­schmutz­ungs­karte von light­pollution­map dabei. Hier sehen Sie, welche Orte in Ihrer Um­gebung am wenig­sten licht­ver­schmutzt sind.

Weltkarte mit Lichtflecken

Um sich klarzu­machen, wie stark die Beleuch­tung in den letzten Jahr­zehn­ten zuge­nommen hat, hilf die Lichtverschmutzungs-Karte von Europa. Die Paten der Nacht haben eine inter­aktive Karte erstellt: Mit­hilfe des Schiebe­­reglers können Sie die verschie­denen Hellig­keits­­grade in Europa im Jahre 1992 mit denen aus 2010 ver­gleichen.

Das ‚wirkliche‘ Problem

Der auf­fälligste Effekt der Licht­ver­schmutzung – dass in­zwischen über 50% der Euro­päer*innen die Milch­­straße nicht mehr sehen können – ist eine der harm­­loseren Fol­gen der Licht­­ver­schmutzung. Wirklich proble­matisch sind die Effekte auf die Gesund­­heit von Mensch, Tier und Pflanze. Sie ent­stehen, weil sich fast alles auf der Erde mit dem Tag-Nacht-Rhythmus ent­wickelt und daran ange­passt hat: Viele lebens­­wichtige Pro­zesse eng damit ver­bunden. Künst­­liches Licht und unna­türliche Hellig­keit in der Nacht bringt diese aus dem Gleich­­gewicht.

Wie die Motte zum Licht

Übrigens: Von den etwa 3.000 Schmet­terlings­­arten in Deutsch­­land sind mehr als 90% nacht­­aktiv und damit un­mittel­bar von Licht­­ver­schmutzung be­troffen.   

Ein nachtaktiver Schmetterling

Das Aus­bleiben von nächt­licher Dunkel­heit schadet ins­besondere den nacht­aktiven Insekten. Sie sind auf den Wechsel zwischen hell und dunkel ange­wiesen, nun aber oft in Kunst­­licht unterwegs. Das erschwert die Orien­tierung, lenkt einige Insek­ten ab und lockt andere über mehrere hundert Meter hin­weg an. Be­sonders kalt­-weißes und blaues Licht wirkt auf manche Arten extrem an­ziehend.

Exper­ten schätzen, dass jeden Som­mer Milliar­den von Insek­ten an un­seren Straßen­­laternen sterben – an Erschöpf­ung, durch Ver­brennen oder durch eben­falls ange­lockte Feinde. Das ist auf zwei Ebenen proble­matisch: Sie fehlen sie bei der Bestäu­bung von Pflanzen, was schlimmsten­falls zu Ernte­­aus­fällen führt. Zudem entfal­len sie dann auch als Nah­rung für nacht­­aktive Tiere wie Eulen, Spitz­­mäuse, Fleder­­mäuse oder Igel.

Der menschliche Kör­per lei­det unter Licht­verschmutzung

Mensch kann bei Licht nicht schlafen

Neben Insekten leiden aber auch andere Lebe­wesen: Bei Pflanzen wird der natür­lichen Wachstums­zyklus gestört und Zug­­vögel und Fisch­­schwärme werden in der Orien­tierung gestört, was töd­liche Folgen haben kann.

Bei Menschen wirkt sich Licht auf den Hormon­­haus­halt aus: Insbe­sondere bei sehr hellem oder bläu­lichem Licht wird das Schlaf­­hormon Melatonin ver­zögert ausge­schüttet, wo­durch wir später ein­schlafen, schlechter auf­wachen und ins­gesamt weniger Ruhe finden. Dadurch wiederum werden Lern- und Leistungs­­fähig­keit sowie unser Immun­­system ein­ge­schränkt. Chronische Schlaf­­störungen können außer­dem zu schweren gesund­­heit­lichen Problemen wie Blut­­hoch­­druck, Diabetes und Krebs­erkran­kungen bei­tragen. Israelische Forscher kamen sogar zu dem Ergeb­nis, dass das Brust- oder Prostata­­krebs­­risiko mit dem Aus­maß der Licht­­ver­schmutzung zunimmt.

Was kann man gegen Licht­verschmutzung unter­nehmen?

Die Licht-Richtlinie der Bund/Länder-Arbeits­­gemein­schaft für Immissions­­schutz soll helfen, die Licht­ver­schmutzung zu ver­ringern. Zudem bestehen weitere Empfeh­lungen und Leit­l­inien: In Nordrhein-Westfalen hat das Minis­terium für Umwelt, Natur­­schutz  und Verkehr Infor­mationen zum Thema Licht auf einer eigenen Seite zusammen­­gefasst. Hier finden Sie auch den Rund­­erlass „Licht­­immissionen, Messungen, Beurteilung und Vermin­derung" zum Down­load: Er soll bei der Ein­schätzung helfen, wann künst­liche Beleuch­tung zur schädlichen Umwelt­­einwirkung wird.

Zudem kann jeder einzelne von uns dazu bei­tragen, Licht­­verschmutzung zu redu­zieren. Ob am Haus oder im Garten – mit den folgenden Tipps können sie Ihre eigenen Licht­immissionen verringern:

So wenig wie möglich

Zwar brauchen wir Licht, um uns - besonders bei Nacht - zu­recht­zu­finden. Aber als reine Deko richtet es beispielsweise im Gar­ten nur Schaden an.

Schwach strahlen

Die Hellig­keit von Lampen wird in Lumen an­ge­ge­ben. Die Zahl sollte mög­lichst ge­ring sein: Selbst meh­rere schwache Licht­quellen sind bes­ser als eine sehr helle.

Bloß nicht blau

Je gel­ber das Licht, desto ge­ringer der Scha­den für Mensch und Natur.

Tief hängen

Niedrig-hängende Lam­pen ha­ben gerin­gere Blend­wirkung und Licht­streuung.

Richtige Richtung

Kunst­licht sollte keines­falls nach oben strah­len. Da­bei hel­fen zum Bei­spiel Lam­pen mit ge­schirm­ten Ge­häusen.

Kurzum

Machen Sie nicht mehr oder län­ger Licht, als Sie wirklich brauchen. Dabei kön­nen Bewe­gungs­melder oder Zeit­schalt­uhren helfen.

Earth Night – Gemein­sam ein Zeichen setzen

Am 23. Septem­ber 2022 ist wieder „Earth Night“: Bei der eine Initia­tive des ehren­amt­lichen Pro­jekts „Paten der Nacht“ geht es da­rum, ab 22 Uhr (Orts­zeit) eine ganze Nacht lang Kunst­licht zu redu­zieren oder besten­falls komplett zu ver­meiden. Mehr Infos dazu gibt’s auf der Seite der Earth Night.  

Banner der Aktion "Earth Night"

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earth-night.info / Paten der Nacht

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