Osteuropäische Weihnachtsbräuche
Übrigens: In Polen werden die Geschenke nicht vom Weihnachtsmann oder Christkind gebracht. Stattdessen übernimmt das der sogenannte Sternenmann, zusammen mit seinen Helfern, den Sternenjungen.

Beginnen wir die Weltreise doch mit unseren Nachbarn:
In Polen nimmt das Essen an Heiligabend eine sehr große Rolle ein. Traditionell gehören zwölf Gerichte zum polnischen Festessen an Weihnachten dazu – entsprechend der Anzahl an Aposteln. Auf dem festlich gedeckten Tisch findet man neben Pierogi, den bekannten gefüllten Pasteten, auch Speisen wie Rote-Bete-Suppe, Rollmops und Mohnrolle als Nachtisch. Wichtig: Gegessen wird erst, wenn sich der erste Stern am Himmel zeigt. Dabei steht oft ein Gedeck mehr auf dem Tisch. Dies soll den Verstorbenen gedenken, die nicht dabei sein können, aber auch bereitstehen, falls ein bedürftiger Mensch an die Tür klopft – ähnlich wie Maria und Josef in der Weihnachtsgeschichte.
Nichts für Arachnophobiker (Personen mit Spinnenangst): In der Ukraine gilt es als Glücksbringer, wenn man im Weihnachtsbaum ein echtes Spinnennetz findet.

Noch etwas weiter östlich gibt es in der Ukraine einen etwas kurioseren Weihnachtsbrauch: Die Menschen schmücken ihre Weihnachtsbäume traditionell mit Spinnweben. Dahinter steckt die Geschichte einer armen Frau, die sich keinen klassischen Christbaumschmuck leisten konnte. Eines Morgens wachte sie auf und sah, dass ihr Tannenbaum mit Spinnweben übersät war und im Sonnenlicht glitzerte. Seitdem dekorieren Ukrainer*innen ihre Weihnachtsbäume mit künstlichen Spinnweben oder auch glitzernden Spinnen.
Nordische Weihnachtstraditionen
Weiter geht es mit dem Norden Europas. Hier gibt es viele Mythen und mythische Wesen:

So müssen in Norwegen vor Heiligabend alle Besen im Haushalt gut versteckt werden. Wenn die Familie in gemütlicher Runde zusammensitzt, darf kein Kehrgerät mehr in Sichtweite sein, denn: Hexen und böse Geister stehlen gerne Besen und nutzen sie als Transportmittel. Da es in Norwegen besonders viele dieser Wesen gibt, ist es umso wichtiger, alle Besen gut zu verstecken, damit sie nicht am Weihnachtsabend den Himmel unsicher machen.
In Island hingegen trifft man eher Trolle an:

13 Tage vor Weihnachten steigen 13 Trolle aus den schneebedeckten Bergen hinter Reykjavik zu den Menschen hinab. Diese kleinen Kerle hinterlassen den Kindern kleine Geschenke. Aber Vorsicht: Wenn die Kinder nicht brav genug waren, legen die Trolle ihnen lediglich alte Kartoffeln in die Schuhe. Der Zauber dauert bis zum 6. Januar an, dann ziehen sich die Trolle wieder zurück.
Weihnachtsbräuche aus Südeuropa
Im Süden Europas gibt es zahlreiche Weihnachtsbräuche, die für uns teilweise recht amüsant klingen.

So trifft man in Italien am Dreikönigstag auf die Weihnachtshexe – La Befana. Diese ist aber keine böse Hexe, sondern ein gutmütiges Wesen: In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar fliegt sie auf einem Besen umher, mit einem Sack voller Süßigkeiten und Kohle auf dem Rücken. Die “Kohle” ist für die unartigen Kinder gedacht und besteht aus schwarz eingefärbter Zuckermasse.
In Spanien ist rund um Weihnachten so allerhand los, aber das größte Spektakel ist die Weihnachtslotterie:

Bei der „Lotería de Navidad“ am 22. Dezember werden die Losnummern gezogen, die schon im Sommer verkauft worden sind. Ein Los kostet 200 Euro, aber es gibt auch kleinere Losanteile, bei denen sich meist ganze Dörfer zu Tippgemeinschaften zusammentun. Der Hauptgewinn „El Gordo” (übersetzt: der Dicke) beträgt rund vier Millionen Euro, es werden aber auch kleinere Preise ausgeschüttet. Die Ziehung erfolgt live im Fernsehen, dabei verkünden Kinder die gezogenen Zahlen singend. Insgesamt dauert das Spektakel fast vier Stunden lang.
Der deutlich ungewöhnlichere Brauch aus Spanien:

Der sogenannte Caganer, ein Männchen mit heruntergelassenen Hosen und blankem Hintern, was sich gerade erleichtert. Besonders in Katalonien wird diese Figur in der Weihnachtskrippe aufgestellt und gilt vielerorts als Glücksbringer, denn der Caganer düngt den Boden und sorgt für Fruchtbarkeit. Der Name leitet sich vom lateinischen “cacare” ab, dessen Bedeutung sich wohl leicht erraten lässt.

Eine weitere katalonische Tradition ist der Weihnachtsklotz oder auch “Tió de Nadal”: Ein Holzstamm mit aufgemaltem Gesicht, der bei der Familie „wohnt“. Er wird gepflegt, mit einer Decke zugedeckt und von den Kindern mit Obst “gefüttert”. Am sechsten Januar dürfen die Kinder mit einem Stock auf den Klotz klopfen, damit ihm die Geschenke aus dem Hinterteil fallen.
Vom Süden Europas in den Süden Amerikas
Wir verlassen Europa und fliegen einmal um den Globus.
In Venezuela zählt in der Stadt Caracas Rollschuhfahren zu den typischen Weihnachtsbräuchen: Die Menschen fahren an Heiligabend auf Rollschuhen in die Kirche, anstatt zu Fuß dort hinzulaufen. Die Stadt wird sogar für Autos gesperrt, damit alle Rollschuhfahrer*innen unversehrt ankommen.

In Mexiko sind „Posadas“, vorweihnachtlichen Feiern, ein wichtiger Brauch. Dabei werden insgesamt neun Tage lang die Reise von Maria und Josef vor der Geburt Jesu und ihre Suche nach einer Herberge nachgestellt. Kinder treffen sich an den Abenden vor Heiligabend und gehen in der Nachbarschaft von Haus zu Haus. Sie bitten symbolisch um eine Bleibe und werden traditionsgemäß an den ersten Häusern weggeschickt, bis sie schließlich jemand aufnimmt. Die meisten Familien treffen sich täglich wechselnd im Haus der Gastgeber, wo Gesang, Spiele und Essen den Abend bestimmen. Eine Piñata darf natürlich nicht fehlen!
Von Süd- nach Nordamerika
Weiter geht es in den Norden Amerikas. Ein Weihnachtsbrauch aus den USA, der eine vermeintliche Verbindung zu Deutschland besitzt, ist die Weihnachtsgurke.

Die gläserne „Christmas Pickle” wird wie eine Christbaumkugel in den Baum gehangen, wegen ihrer grünen Farbe sieht man sie aber zwischen den Tannenzweigen kaum. Daher ist es ein beliebter Brauch, die Weihnachtsgurke zu suchen und sich über ein zusätzliches Geschenk zu freuen.
Philippinische Weihnachtstraditionen
Die Endstation unserer Weltreise: Die Philippinen sind ein wahres Paradies für Weihnachtsfans, denn die Weihnachtszeit dort ist die längste der Welt.

Bereits Anfang November werden alle Schaufenster weihnachtlich geschmückt und bleiben bis zum dritten Sonntag im neuen Jahr bunt dekoriert. Dann wird auf den Philippinen das Santo-Niños-Fest zu Ehren des Jesuskindes gefeiert, ehe die Weihnachtszeit zu Ende geht. Dazwischen läutet zunächst am 16. Dezember der erste Hahnenschrei am Morgen die kirchliche Weihnachtszeit ein. Feuerwerk, kleine Bambuskanonen für die Kinder und Festumzüge machen alle Menschen auf die Frühmesse aufmerksam. Diese „Hahnenschrei-Messe” wird bis zum 24. Dezember jeden Morgen gefeiert. Dass es auf den Philippinen alles andere als winterlich ist, hält die Menschen dort nicht von ihrer festlichen Stimmung ab: Künstliche Winterlandschaften und bunt dekorierte sowie beleuchtete Strände gehören hier zur Weihnachtszeit dazu.
Bildrechte:
AdobeStock_182072614
AdobeStock_228009212
AdobeStock_94810686
AdobeStock_182439087
AdobeStock_90837598
AdobeStock_121381050
AdobeStock_236342709
AdobeStock_98461833
AdobeStock_234491741
AdobeStock_305359318
AdobeStock_313668331
AdobeStock_191556830